Anne Wisplers Wort zum Sonntag


Anne Wispler
Liebe Freunde der „Sozialen Stadt“,
„Stadtplanung war schon immer politisch“, so neulich ein Sprecher der Berliner Quartiersmanager. Die Entscheidung, ausgerechnet beim Programm „Soziale Stadt“ zu sparen, ist politisch und hat auch gar nichts mit Sparen zu tun (schon weil EU-Mittel in doppelter Höhe verloren gehen). Diese Politik richtet sich direkt gegen die Bewohner der „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf“.

Im Beschluss des Haushaltsausschusses bei der Bereinigungssitzung am 11.11.2010 heißt es tatsächlich: „Die Bundesmittel können zwischen den Programmen nach Maßgabe der Verwaltungsvereinbarung umverteilt werden, jedoch nicht zu Gunsten der ‚Sozialen Stadt’. Minderausgaben bei einem Programm können zur Verstärkung in einem anderen Programm verwendet werden; jedoch nicht zu Gunsten der ‚Sozialen Stadt’“

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende und Sprecher für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Patrick Döring: „Die Zeit der nichtinvestiven Maßnahmen, zum Beispiel zur Errichtung von Bibliotheken für Mädchen mit Migrationshintergrund, ist vorbei.“

Es ist den Liberalen völlig unverständlich, warum man den Unterprivilegierten in den sozialen Brennpunkten Mitsprache in Form von Bürgerbeteiligung und Quartiersräten geben sollte, und warum man dort mit Städtebaumitteln Sprachförderung betreibt.

Dass dieses Pulverfass zusammen gedacht werden muss, die sozialen Brennpunkte mit ihren trostlosen Mietskasernen und die perspektivlosen Menschen darin, hatte die Erfinder zu dem Experiment „Sozialen Stadt“ ermutigt. Und die Aufbruchstimmung in vielen Stadtteilen hat ihnen Recht gegeben.

Nun fragt sich, welche Lösung uns die Regierung anbieten will. Gentrifizierung wäre sicher im Sinne der Wirtschaftselite und funktioniert vielleicht in attraktiven, zentralen Altbauquartieren. Dabei sind selbstbewusste, gut organisierte Bürger/-innen nur im Weg. In Berlin-Marzahn und München-Hasenbergl könnte man dann die Hartz-IV-Empfänger und Migranten konzentrieren, dort stören sie nicht so.

Das Programm wird um 70% gekürzt, und dass obwohl die Regierung als Antwort auf eine Kleine Anfrage im März 2010 offiziell bestätigte: „Im Ergebnis auch der unabhängigen Zwischenevaluierung hat sich der integrierte Ansatz des Programms Soziale Stadt bewährt.“
(BT-Drs. 17/1794 vom 21.6.2010)

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